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12 Nov. 2001, Schweiz |
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Kontroverse über "Wissensmanagement"
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Antwort auf Kontroverse |
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12Nov2001 SCHWEIZ: Zur Kontroverse über "Wissensmanagement". In der Basler Zeitung war vor kurzem eine Kontroverse zu verfolgen: Am 16. Juli 2001 setzte sich Prof. Fredmund Malik (Universität St. Gallen) in dieser Kolumne kritisch mit dem Begriff "Wissensmanagement" auseinander; am 20. August antwortete ihm Prof. Marco Bettoni (Fachhochschule beider Basel, Muttenz) im "Forum" mit einem Beitrag zum gleichen Thema. Malik, Verwaltungsratspräsident des Management-Zentrums St. Gallen, kann sich nach eigenem Bekunden unter Wissensmanagement nichts Klares vorstellen und hält den Begriff kurz gesagt für unbrauchbar, da man Wissen nicht "in irgendeinem vernünftigen Wortsinn managen" könne; möglich und nötig sei vielmehr das Management der Leute, die mit Wissen arbeiten, also der Wissenschafter. Diese stellen, so Malik, eine "eigentümliche Spezies" dar: Sie haben "spezielle Werte und ein eigenes Selbstverständnis, sind an Karrieren im üblichen Sinn, vor allem an Managementkarrieren, wenig interessiert. Anerkennung durch einen Chef wird gering geschätzt Lob von Laien hat kein Gewicht Sie arbeiten im Grunde überhaupt nicht für eine Firma, sondern für ein Fach Sie müssen in erster Linie geführt werden durch Aufgaben, die ihnen selbst sinnvoll erscheinen". Bettoni, Dozent für Künstliche Intelligenz und Wissensmanagement, meint demgegenüber, man könne Wissen sehr wohl managen. Allerdings ist "im Wissensmanagement nicht jede beliebige Art von Wissen wichtig, sondern vor allem jenes Wissen, das mit geschäftsrelevanten Arbeitstätigkeiten verbunden ist: das Know-how". Wissensmanagement bedeutet für Bettoni "die Gesamtheit der Massnahmen, in denen es darum geht, das Know-how des einzelnen Mitarbeiters für andere Mitarbeiter verfügbar und zugänglich zu machen und dafür zu sorgen, dass es für den Unternehmenserfolg genutzt wird". Als Wissenschafter, Mitarbeiter in der forschenden Industrie und akademischer Lehrer fühlte ich mich von dieser Kontroverse in verschiedener Hinsicht angesprochen.
Auch Wissenschafter streben nach Anerkennung
Zunächst: Wissenschafter sollten aufgrund ihrer Ausbildung in der Lage sein, neues Wissen rasch und ökonomisch, gleichzeitig aber gründlich und kritisch zu erwerben, mit ihrem vorhandenen Wissen zu verknüpfen und dann auf die vorliegenden fachlichen Probleme anzuwenden. Den Erwerb von Wissen, die Fähigkeit, Informationen kritisch zu bewerten und in fachliches und praktisches Wissen zu integrieren, das Wissen sodann problembezogen und sinnvoll anzuwenden, lernen Wissenschafter im Rahmen ihrer Ausbildung: in der Schule, an der Universität, von ihren Kollegen, im Beruf durch ständige Weiterbildung. In dieser Hinsicht besteht zwischen Wissenschaftern (oder Kopfarbeitern, wie Malik sie auch nennt) und anderen Berufsleuten kein grundsätzlicher Unterschied, und ich glaube auch nicht, dass Wissenschafter eine "eigentümliche Spezies" und anders zu "managen" sind als andere qualifizierte Berufsleute. Auch Wissenschafter streben nach Anerkennung durch Kollegen und Vorgesetzte, nach angemessener finanzieller Belohnung, nach Erfolg in sozialer und materieller Hinsicht, obwohl ihr berufliches Bezugssystem ein teilweise anderes ist als jenes von Bankangestellten, Handwerkern oder freiberuflich Tätigen.
Mehrere Facetten
Im Unterschied zu Bettoni meine ich aber, dass das Management von Wissen über die Verwaltung und Weitergabe von geschäftsrelevantem Know-how weit hinausgehen muss. Mitarbeiter eines Unternehmens, beispielsweise Wissenschafter in der forschenden Industrie, sind in der Regel Mitglieder eines multidisziplinären Teams von Fachleuten, die sich für eine bestimmte Zeit mit einem Projekt befassen und dieses zu einem hoffentlich positiven Abschluss führen. Wenn die Teammitglieder ihr spezifisches Fachwissen und ihre praktische Erfahrung (man spricht auch von Handlungswissen) nicht bereitwillig zusammenlegen, dann ist das Projekt mit Sicherheit zum Scheitern verurteilt. Wissensmanagement hat hier also mehrere Facetten: Das Teammitglied muss sich auf seinem eigenen Fachgebiet Ä jour bringen und halten; es muss sein Fach-wie auch sein Handlungswissen mit den Teammitgliedern teilen, und es muss so "gemanagt" werden, dass es bereit ist, seine Eigeninteressen dem Teaminteresse (und damit dem Firmeninteresse) mindestens für die Dauer des Projekts unterzuordnen. Darüber hinaus obliegt es der Firma, jederzeit dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter an alle für ihre Aufgabe relevanten Informationen herankommen sowie fachlich Ä jour sind und bleiben: Auch permanente Weiterbildung ist Wissensmanagement.
Universitäten und ihre Lehrkräfte
Bleiben die Universitäten und ihre Lehrkräfte. Auch sie betreiben Wissensmanagement, indem sie sowohl Fach-wie Handlungswissen erarbeiten, verwalten und weitergeben: Die Studierenden erwerben Wissensinhalte und lernen gleichzeitig, wie man lernt wie und wo man sich Wissen beschafft, wie man es auswählt, beurteilt, verknüpft, aufbewahrt, anwendet. Ob und wie gut unsere Universitäten ihre Aufgaben erfüllen, ist hier nicht das Thema, doch möchte ich einen Punkt speziell ansprechen: die Fähigkeit der künftigen Wissenschafter zur Zusammenarbeit. Universitäten sind in Fakultäten organisiert, und diese sind in Abteilungen, Institute oder Seminarien gegliedert. Der Unterricht ist vorwiegend dem Erwerb, dem Verständnis und der Anwendung von profundem und in vielen Fällen hoch spezialisiertem Fachwissen verpflichtet. Gleichzeitig besteht die Tendenz, ausgesprochene Einzelkämpfer heranzuziehen: Lizentiats-und Doktorarbeiten sind fast immer Einzelleistungen, Abschlussarbeiten im Team, Projekte über die eigene Abteilung, ja über das eigene Fach hinaus, bilden die Ausnahme. Der Kontrast zur späteren Arbeitsweise, nicht nur in der Industrie, ist augenfällig, wenn weder die Teamarbeit noch das interdisziplinäre Zusammenwirken eingeübt werden. Ich meine: Auch diese Formen des Handlungswissens können und sollen an den Universitäten und Fachhochschulen gefördert werden; ob wir sie dann Wissensmanagement oder anders nennen, ist nicht so wichtig. (c) 2001 Basler Zeitung Homepage Address: http://www.baz.ch.
Sources:BASLER ZEITUNG 12/11/2001
01Nov2001 DEUTSCHLAND: Die Know-how-Speicher. Von Alfred Preuß. Kluge Firmen haben im Konkurrenzkampf ein starkes Ass im Ärmel: Das Wissen ihrer Mitarbeiter. Wie Chefs es optimal nutzen.
Das Rad nicht jeden Tag neu erfinden: Dieser Maxime folgt Professor Holger Nohr von der Fachhochschule Stuttgart. 'Wissensmanagement und - transfer ist für Unternehmen jeder Größenordnung und Branche das Gebot der Stunde', weiß er. Worauf Firmenchefs setzen: leistungsfähige, auf ihren Betrieb zugeschnittene Informations-und Kommunikationssysteme. Damit fördern sie den Know-how-Austausch unter den Mitarbeitern per Intranet. Oder via Extranet, um weltweit Niederlassungen und Partner einzubinden. Expertenempfehlungen reichen vom Content-Management-System zur schlichten Eingabe von Infos über die automatische Dokumentenerfassung bis hin zu umfangreichen Datenbanken. Mit Bedacht, aber zielstrebig folgen zahlreiche mittelständische und kleine Unternehmen dem Beispiel großer Konzerne wie VW oder 3M. So sichert sich etwa die Regensburger Maschinenfabrik Reinhausen das Know-how ausscheidender Mitarbeiter durch Interviews. Oder die Ruheständler geben als 'Paten' und 'Consultants' ihre Erfahrungen direkt an jüngere Kollegen weiter. Sitzhersteller Keiper (Recaro) vermeidet, dass sich in Projekten gemachte Fehler wiederholen: In monatlichen Expertenkreisen tauschen Fachleute abteilungsübergreifend Wissen aus. Ein Moderator stellt anschließend die Ergebnisse ins Intranet - für jeden Mitarbeiter abrufbar. Die Festo AG, Spezialist für Industrieautomatisierung, erfasst systematisch eigene Forschungsergebnisse. Problem dabei: Informationen sind in unterschiedlichen Datenbanken gespeichert. Lösung: Eine spezielle Meta-Suchmaschine durchforstet alle Quellen und findet Texte. Etwa jedes zweite Unternehmen, so ermittelten die Marktforscher der Metagroup, führt derzeit ein Knowledge-Management-System ein oder plant eines. Auch ein Grund: immenses Firmenwachstum. Wie etwa jene Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die Martin Müller vom Fraunhofer-Institut Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) gerade berät. In kurzer Zeit ist die Firma von 60 auf 300 Mitarbeiter angewachsen und steht nun vor dem Problem: 'Wir kriegen den organisierten Austausch von Informationen nicht mehr hin.' IAO-Spezialist Müller weiß Rat: 'Firmen sollten sich fragen, was sie selber machen können, wofür sie Hilfe brauchen und dann step-by-step die Sache angehen.' Er hat beobachtet: 'Oftmals lässt sich auch mit einfachen Methoden viel erreichen.' Dabei ist der erste Schritt, Wissensmanagement auf praktische Anwendungsfelder herunterzubrechen. Die wichtigsten: Kundenbeziehungen, Vertragsverwaltung, Projektmanagement und Produktentwicklung (siehe Kasten). Treffpunkt Intranet Wie Firmen das praktisch umsetzen, zeigt das Chemieunternehmen Degussa. Im Intranet sind Experten mit ihren Fachgebieten aufgeführt. Sucht ein Mitarbeiter Rat, findet er deren Visitenkarten. Auch Team-Wissen soll erhalten bleiben. Deren Know-how erfassen spezielle Befrager (Debriefer). Wichtig ist eine offene, zum Wissensaustausch anregende Unternehmenskultur mit entsprechenden Organisationsstrukturen. Wie aber kriegt man die Mitarbeiter dazu, ihre Erfahrungen auch preiszugeben? IAO-Mann Müller weiß von Firmen, die Bonuspunkte verteilen. Mit 'sanftem Druck', sagt hingegen Degussa-Projektleiterin Gabriele Kirch-Verfuss: 'Wer beispielsweise in den Expertenrunden nur Wissen aufnimmt, aber keins abgibt, wird schnell isoliert.' Gesprächskultur schlägt oft Technik. Denn: 'Mindestens 250000 Mark müssen Firmen für den Aufbau einer eigenen Wissensmanagement-Plattform einplanen, wenn sie direkt eine Software-Lösung installieren', weiß Experte Müller. Er hat 17 Software-Angebote für firmenweites Wissensmanagement in der Studie 'Knowledge meets System'* umfassend dargestellt. Fazit: 'Beim Knowledge-Management gibt es keine vorgefertigten Lösungen.' Und: Häufige Folge der dicken Soft-und Hardware-Pakete sind riesige Datenfriedhöfe. Wer allein auf die IT-Experten hört, zahlt kräftig drauf. 'Wissen hat seinen Ort zwischen zwei Ohren und nicht zwischen zwei Modems', erinnert Professor Fredmund Malik, Verwaltungsratspräsident des Management-Zentrums St. Gallen. *die CD-Rom gibt's für 153,39 Euro unter: www.iao.fhg.de
Machtfaktor 'Herrschaftswissen' nennen Psychologen, was mancher Mitarbeiter bewusst für sich behält. Beispielsweise, um sich im Betrieb unersetzlich zu machen. Zentrale Datenspeicher können dies verhindern. Etwa zu Prozessabläufen oder Kundenkontakten.
Wertpaket Unternehmen investieren laut Gartner-Group für die Einführung von Knowledge-Management-Systemen bis zum Jahr 2003 rund zwölf Milliarden Dollar. Das ist das Sechsfache im Vergleich zu den Ausgaben von 1999.
Die vier idealen Anwendungsfelder für Knowledge-Management Worauf Chefs achten müssen, wenn sie das firmeneigene Wissen profitabler nutzen wollen, zeigt Martin Müller vom Fraunhofer-Institut Arbeitswirtschaft und Organisation.
CUSTOMER-RELATIONSHIP-MANAGEMENT Kundenwissen erfassen und nutzen. ZIEL: Vertragspartner nicht nur nach Umsatzvolumen bewerten. Weitere Faktoren: Informationen des Kunden sollen dem Unternehmen bei Produktoptimierung, Marktausweitung oder Trendanalyse nutzen. METHODE: Vertriebsmitarbeiter tauschen nicht nur mit dem Einkäufer, sondern auch mit Fachleuten aus Produktion und Entwicklung Informationen aus. Zweck: Produktverbesserung identifizieren, im CRM-System (Software für CustomerRelationship-Management) sammeln oder beim nächsten Vertriebsmeeting im Beisein des Produktmanagers darüber berichten. TECHNIK: Internet-Seiten für Kunden einrichten. Sie können dort Produkte bewerten oder Tipps abgeben.
VERTRAGSMANAGEMENT Rechte und Pflichten der Firma jedem Mitarbeiter nahe bringen. ZIEL: Überblick über alle vom Unternehmen abgeschlossenen Verträge. Automatische Wiedervorlage, wenn die Firma aktiv werden muss. Übernahme von Passagen in neue Verträge. METHODE: Dokumente gleichen Typs wie Verträge, Gutachten, Prüfberichte in Wissensdatenbanken zusammenfassen. Dazu Standards festlegen, nach denen Mitarbeiter die Dokumente ablegen: z.B. einheitliche Dateistruktur, Aufteilung nach Produkt, Name des Partners, Vertragsdaten. TECHNIK: Alle Dokumente nach Themen sortiert zentral ablegen. Nächste Stufe: eine einfache Datenbank. Höchste Stufe: Für umfassende Datenverwaltung spezielles Dokumenten-Management-System (DMS) aufbauen - Kosten ab 25000 Euro.
PROJEKTMANAGEMENT Erfahrungen abgeschlossener Projekte wieder verwerten. ZIEL: Nicht bei null anfangen und einmal gemachte Fehler wiederholen. Neue Aufgaben strukturiert durchführen. METHODE: Das Unternehmen ermittelt alle relevanten Faktoren für Ziele, Schritte und Ergebnisse. Die Mitarbeiter werden dazu verpflichtet, jedes Projekt nach festgelegten Kriterien zu dokumentieren. Tipp: Zu jedem Projektschritt Meilensteine festlegen und deren Erreichen bestätigen oder Gründe fürs Abweichen festhalten. Bei neuen Projekten von den Mitarbeitern verlangen, dass sie Aufzeichnungen vergleichbarer Arbeiten lesen und die gemachten Erfahrungen zusammenstellen. TECHNIK: Projektinhalte und - durchführung mit einer einfachen Datenbank erfassen. Ein Programm wie beispielsweise MS Project von Microsoft (rund 800 Euro) verfolgt den aktuellen Projektstatus (Termine, Kosten, Mitarbeiter) und warnt bei Planabweichungen.
INNOVATIONSMANAGEMENT Neue Produkte und Marketingkonzepte nicht dem Zufall überlassen. ZIEL: Systematisch vorgehen von der ersten Idee bis zur Vermarktungsstrategie für das fertige Produkt. METHODE: Fünf-Phasen-Prozess: Ideenfindung, Bewertung, Konzept, Entwicklung, Markteinführung. Mit jedem Schritt verändert sich die Art des dort relevanten Wissens. Wichtig am Anfang: so genanntes implizites (Erfahrungs-)Wissen. Wird am besten übers persönliche Gespräch erfasst. Dafür notwendig: offene und moderierte Kommunikationsplattformen. TECHNIK: Es gibt keine spezielle Planungssoftware für das Innovationsmanagement. Nützlich für Start-und Bewertungsphase: Pinboards im Intranet (Mitarbeiter notieren ihre Ideen, bewerten andere). Ab Schritt drei überwiegt die IT-gestützte Informationserfassung (Anbindung von Werkstoffdatenbanken). Auch möglich: Einbau von Systemen für Controlling der Gesamtentwicklungskosten.
Bildunterschrift: Foto: Stock Market / BB)Foto: Stock Market /. (c) 2001 Impulse.
Sources:IMPULSE (GERMAN LANGUAGE) 01/11/2001
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Quelle: Basler Zeitung |
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